Äußeres
Das Aussehen des Hauspferdes variiert in seinem Körperbau, der Körpergröße, Fell und Farbe. Je nachdem, zu welchem Zweck Pferde gezüchtet werden, unterteilt man deren Typen in sogenannte Kaltblüter, Warmblüter und Vollblüter. Zu den Kaltblütern zählen in der Regel Pferde mit einem Gewicht über 800 Kilogramm. Diese Rassen wurden hauptsächlich bei der Feldarbeit, in Bergstollen oder zum Bäumerücken verwendet. Warmblüter bilden dagegen eher den typischen Reitpferde-Typ, da sie leichter und beweglicher sind. Außerdem sind sie auch gute Dressur-,und Springpferde. Vollblüter sind Sportpferde, die meist sehr sensibel sind und bis zu 70 km/h schnell laufen können. Halbblüter sind eine Mischung aus Warmblütern und Vollblütern. Die Bezeichnungen Kalt-, Warm- und Vollblut richten sich nicht nach der Wärme oder gar Menge des Blutes des Pferdes, sondern sie benennen das Temperament des Pferdes. So sind Kaltblüter oft ziemlich gemütlich und kräftig und lassen vieles mit Ruhe über sich ergehen, während Vollblüter im Allgemeinen eher als „verrückt" gelten, leicht erregbar und bei weitem nicht so leicht zu handhaben sind wie Kaltblüter.
Pferde sind Zehenspitzengänger, die allein auf der dritten, mittleren Zehe laufen. Die restlichen Zehen sind zurückgebildet und am Skelett des Vorderbeins als rudimentäre Griffelbeine erhalten. Weil die Augen seitlich am Kopf liegen, können Pferde fast rundum sehen (350°). Was sich aber genau vor ihrer Nase oder hinter ihnen befindet, bemerken sie erst, wenn sie den Kopf drehen. Pferde sind zwar nicht farbenblind, können aber nicht alle Farben voneinander unterscheiden. Braun, grün und grau können Pferde nicht auseinanderhalten - Farben wie weiß, rot, gelb und blau sehen sie hingegen besonders gut.
Falbe Fjordpferde auf der Schwäbischen Alb. Typisches Merkmal: der dunkle Aalstrich
Die beweglichen Ohrmuscheln können in alle Richtungen gestellt werden.
Um in ihrem ursprünglichen Lebensraum vor Raubtieren sicher zu sein, entwickelten sich mit der Zeit verschiedene Fellfarben des Pferdes, eine der ersten davon war ein heller Braunton, der falb genannt wird. Typische Vertreter sind die norwegischen Fjordpferde, die sich außerdem durch einen deutlichen dunklen Aalstrich in der Mähne auszeichnen.
Um ein Pferd äußerlich von anderen unterscheiden zu können, kann man sich die Abzeichen auf seinem Gesicht, seinem Körper und seinen Beinen zunutze machen. Die häufigsten Abzeichen im Gesicht sind: Stern, Schnippe, Flocke und Laterne, wobei man zwischen regelmäßig und unregelmäßig unterscheidet. Die Abzeichen von Stirn bis Maul werden generell als Blesse bezeichnet. Pferde können auch ein Krötenmaul, Milchmaul oder Mehlmaul haben, letzteres ist besonders häufig beim Mongolischen Wildpferd oder beim Exmoor-Pony zu sehen.
Selten, je nach Rasse und Zuchtgebiet, kommen auch Aalstriche vor, die sich teilweise in Schweif und Mähne fortsetzen. Bei urtümlichen Rassen können auch Kreuze (Aalstrich und ein Querstreifen über beide Schultern) oder Streifen auf den Beinen vorkommen. Kreuze und Streifen an den Beinen sind bei Pferden eher selten, bei Eseln hingegen recht häufig.
An den Beinen unterscheidet man lediglich die Höhe des Abzeichens, wobei ein „hochweißer Fuß" das größte, und die „weiße Krone" die kleinste ist. Zur Identifizierung von Sportpferden werden auch Fellwirbel und Kastanien (Hornreste auf der Innenseite der Beine, Reste der fünften Zehe) herangezogen. Heutzutage können Turnierpferden Elektrochips eingesetzt werden, auf denen die persönlichen Daten des Besitzers und die Lebensnummer des Pferdes gespeichert sind.
Das bleibende Gebiss der Pferde hat 36-44 Zähne, das Milchgebiss der Fohlen hat 24-28 Zähne.
Pferde erreichen je nach Rasse zwischen 60 und 210 cm Schulterhöhe (Widerrist). Pferde mit einer Widerristhöhe bis 148 cm bezeichnet man als Ponys, Alle Pferde die dieses Maß überschreiten werden als Großpferde bezeichnet. Das Gewicht der Ponys und Großpferde kann zwischen 90 kg (Falabella) und 1200 kg (Shire) liegen. Körperlich ausgewachsen sind Pferde mit sieben Jahren . Großpferde können ein Alter von etwa 30 Jahren erreichen, Ponys können dagegen in seltenen Fällen bis zu 50 Jahre alt werden. Das höchste je für ein Großpferd belegte Alter beträgt 62 Jahre. Das zu erreichende Lebensalter ist von Rasse, Haltungsbedingungen und Nutzung abhängig. Stuten werden mit 12 bis 18 Monaten geschlechtsreif, Hengste erreichen die Geschlechtsreife zwischen dem 12. und 20. Lebensmonat. Die Tragezeit beträgt bei allen Pferden rund 330 Tage (11 Monate). Der Brunstzyklus ( Rosse ) beginnt im Frühjahr mit der stärksten Rosse und nimmt dann immer weiter ab . Bedingt durch Wetterverhältnisse und Umgebung kann die Rosse verschieden stark und lang sein . In Stallhaltung und bei intensiver Fütterung können auch im Winter Trächtigkeiten erzeugt werden. Stuten sind nur alle 21 bis 24 Tage rossig. Nach ungefähr 11 Monaten bringt die Stute ihr Fohlen zur Welt, das direkt danach versucht aufzustehen. Dies ist für ein Fohlen in freier Wildbahn wichtig, da es sonst Fressfeinden zum Opfer fiele.
Das Pferd ist ein typisches Herdentier und hat deshalb eine ausgeprägte Körpersprache zur Verständigung der Tiere untereinander.
Die beweglichen Ohrmuscheln können in alle Richtungen gestellt werden. Nach vorne gerichtet, zeigt das Pferd Aufmerksamkeit und Neugierde, werden sie aber nach hinten an den Kopf angelegt, ist es eine Warnung und signalisiert Aggressivität oder Angst. Hängen die Ohren schlapp zur Seite, so ist dies entweder ein Zeichen für Unwohlsein und/oder Müdigkeit oder ein Ausdruck von Unterwerfung, aber auch Entspannung. Letzteres kann, wenn die Augen dabei halb geschlossen sind, auch ein Zeichen für Zufriedenheit sein. Sind die Ohren nach hinten gerichtet, so ist dies ein Zeichen für Unwohlsein oder – beim Reiten – Aufmerksamkeit.
Innerhalb der Herde herrscht eine klar festgelegte Rangordnung. Bei Änderungen innerhalb der Herdenstruktur, also z.B. Hinzukommen eines neuen Tieres oder Abgang eines Herdenmitglieds, wird die Rangfolge neuerlich festgelegt. Dies geschieht meist durch Körpersignale wie Drohgebährden, aber auch Bisse und Tritte, wenn erforderlich. Die Rangfolge kann außerdem durch heranwachsende Tiere in Frage gestellt werden, die im Laufe ihrer Entwicklung ihre Position in der Herde verändern. Hierbei ist jedoch oft zu beobachten, dass Jungtiere einer in der Rangfolge eher niedrig angesiedelten Stute ebenfalls eine niedrige Rangfolge einnehmen, wobei die Jungtiere einer ranghohen Stute auch bessere Aussichten auf eine höhere Rangposition haben.
Eine Herde besteht in freier Wildbahn aus mehreren Stuten – darunter auch die Leitstute – und ihren Fohlen sowie einem Leithengst. Die Leitstute führt die Herde zu den Fressplätzen / Tränken und bestimmt, wann es Zeit ist aufzubrechen und wohin es geht. Sie ist manchmal ein eher unscheinbares Tier, das sich etwas weiter weg von der Herde aufhält. Der Leithengst hingegen ist ein imposantes und von vielen Rangkämpfen gezeichnetes Tier. Er ist für den Schutz seiner Herde vor Fressfeinden und für die Weitergabe seiner eigenen Gene zuständig. Bei einer Flucht läuft die Leitstute voran und der Leithengst hinter der Herde, um zurückbleibende Tiere vorwärts zu treiben.
In der Regel bleiben Stuten in einer Herde zusammen, junge Hengste werden dagegen mit dem Erreichen der Geschlechtsreife vom Leithengst aus der Herde vertrieben und bilden dann Jungverbände. In diesen messen sie ihre Kräfte gegeneinander, um eines Tages eine eigene Herde zu erobern, indem sie den Leithengst zu einem Kampf herausfordern und besiegen. Manchmal werden einzelne Stuten aus einem bestehenden Herdenverband herausgelöst und bilden mit einem jüngeren Hengst eine neue Herde.
Als Steppenbewohner ist das Pferd im Gegensatz zum Esel ein Fluchttier, das Gefahren instinktgesteuert zuallererst durch schnelle Flucht abzuwenden versucht.
In der Haltung als Haus- oder Nutztier sind vor allem Stuten und Wallache verbreitet, die sich in den meisten Fällen problemlos in einem mehr oder weniger großem Herdenverband einfügen. Hengste gelten wegen ihres starken Geschlechtstriebs und manchmal auch wegen ihrer hormonbedingten Aggressivität als schwer berechenbar. Wittert der Hengst eine rossige Stute, versucht er meist alles, um zu ihr zu gelangen - bei unangepasster Einzäunung der Weide oder des Stalls ziehen sich Hengste dabei oftmals Verletzungen zu. Sie werden deshalb meist auf eigenen Weiden oder in abgetrennten Ställen gehalten.
Das Wildpferd, die Stammform des Hauspferdes, wurde wahrscheinlich um 3000 v. Chr. erstmals in Zentralasien domestiziert, einige Autoren gehen von einer Domestikation bereits im 5. Jahrtausend v. Chr. aus. Es gibt einander widersprechende Theorien, wann und wo genau das Pferd vom Menschen nutzbar gemacht wurde. Letzte Untersuchungen, die auf der Auswertung der mitochondrialen DNA von heutigen Hauspferden und von Fossilien ausgestorbener Arten beruhen, deuten darauf hin, dass die Domestikation des Pferdes nicht an einem Ort, sondern unabhängig voneinander an mehreren Orten stattgefunden hat. Wesentliches Indiz hierfür ist die Breite der genetischen Variationen, die in beiden Testgruppen gleich groß ist. Bei nur einem Domestikationsort wäre bei den Hauspferden eine geringere genetische Variationsbreite zu erwarten gewesen. Zudem wurde bei diesen Tests festgestellt, dass einige der ausgestorbenen Arten näher mit heutigen Arten verwandt waren, als einige heutige Arten untereinander.
Untersuchungen an mitochondrialer DNA haben 2002 gezeigt, dass es zumindest 77 Stammtypen an Stuten gab, was darauf hindeutet, dass verschiedene Wildpferdepopulationen in unterschiedlichen Regionen der Erde unabhängig voneinander domestiziert worden sind, erheblich mehr als bei anderen Haustierarten.
Nach einer Theorie für die Abstammung des Hauspferdes, die u.a. von den Hippologen Ewart, Speed, Skorkowski, Ebhardt und Schäfer vertreten wird, soll es am Beginn der Domestizierung vier Urtypen gegeben haben aus denen die heutigen Hauspferde- und Ponyrassen hervorgegangen sind. Die Theorrie stützt sich auf röntgenologische Untersuchungen, archäologische Vergleiche und die Beobachtung von Verhaltensweisen. Die vier Urtypen gehen nach dieser Theorie auf verschiedene Wildpferdunterarten, wie Tarpane, Przewalskipferde und Kreuzungen zwischen beiden zurück. Sie können in zwei Pony- und zwei Pferdetypen unterteilt werden, und werden meist als Typ 1 bis Typ 4 bezeichnet:
Typ 1 - Nordpony
Typ 2 - Tundrenpony
Typ 3 - Ramskopfpferd
Typ 4 - Steppenpferd
Geschichte des Hauspferds
Die Domestikation des Pferdes brachte den Völkern einen außerordentlichen Vorteil. Weite Strecken waren in viel kürzerer Zeit zu überwinden, was das Aufrechterhalten großer Reiche einfacher machte. Des Weiteren wurden sie, wie vielfach auch heute noch, als Fleischlieferant genutzt und leisteten als wertvoller Helfer in kriegerischen Auseinandersetzungen gute Dienste. Neue Angriffs- und Kriegstechniken waren erst durch das Pferd möglich.
Die frühen Großreiche der Assyrer und Hethiter, sowie die Hurriter im Mitanni-Staat profitierten von der Nutzbarmachung des Pferdes im Krieg. Um das Jahr 1700 v. Chr. fielen die Hyksos in Ägypten ein, ein nomadisches Volk unbekannter Herkunft. Den Ägyptern waren Pferde bis dahin unbekannt, und sie waren den Hyksos im Kampf so weit unterlegen, dass diese Ägypten erobern konnten.
Steppenzone
Oft wird Dereivka in der Ukraine als ältester Beleg für die Pferdedomestikation genannt. David Anthony hatte dort an Funden von Pferdezähnen der Sredny-Stog-Kultur um 4000 v. Chr. Abnutzungsspuren gefunden, die auf den Gebrauch von Zaumzeug zum Reiten hinwiesen (Lit.: Anthony, 1986, 1991). Neuere AMS-Daten zeigen jedoch, dass das betreffende Tier wahrscheinlich aus der Eisenzeit stammt.
Die frühen nomadischen Völker Zentralasiens, aus denen später viele Reitervölker hervorgingen, erfanden bereits im dritten vorchristlichen Jahrtausend den Sattel und das Zaumzeug. Später berichtete der griechische Historiker Strabon über die außerordentlichen Reitkünste der Skythen.
Mitteleuropa
Aus Europa sind Pferdereste seit der Altsteinzeit belegt und brechen auch nach der Wiederbewaldung nach der letzten Eiszeit nicht ab. Ab wann das Pferd in Europa domestiziert wurde, ist wegen der schwierigen Unterscheidung zwischen Haus- und Wildtierknochen umstritten.
Bei Ergolding, Landkreis Landshut, wurde zusammen mit Keramikresten eine knöcherne Pferdetrense gefunden, die auf 1400 v. Chr. datiert werden konnte, ein ähnliches Objekt stammt aus Füzesabony in Ungarn (1500 v. Chr.). Dieser Fund ist der erste Hinweis für die nun kommende Zeit des Pferdes und der Reiter. In der Urnenfelderzeit (ca. 1300/1200 - 800/750 v. Chr.) finden sich sodann die berühmten Wagengräber, bisher z. B. St. Winghardt, ein Wagengrab der späten Bronzezeit von Poing. Eine Pfeilspitze in einem Pferdewirbel, gefunden in einer Höhle des Blauen Bruches in Kaisersteinbruch im Burgenland, Österreich - ist Beweis für älteste schwere Hauspferde - erzählt von ersten Besiedlungsspuren um 800-700 v. Chr. Somit lässt sich die Verwendung des Hauspferdes in Süddeutschland in die Urnenfelder- oder Jüngere Bronzezeit datieren.
Aus keltischen Heiligtümern sind Belege für Pferdeopfer bekannt (z. B. Gournay-sur-Aronde, Frankreich).
Bei den Germanen dienten Pferde als Orakel, ein Brauch, der auch von den frühmittelalterlichen Slawen belegt ist (Arkona). In Tacitus' Germania (ca. 98 n. Chr.) ist folgendes über Pferde bei den Germanen vermerkt:
„Und der verbreitete Brauch, Stimme und Flug von Vögeln zu befragen, ist auch hier bekannt; hingegen ist es eine germanische Besonderheit, auch auf Vorzeichen und Hinweise von Pferden zu achten. Auf Kosten der Allgemeinheit hält man in den erwähnten Hainen und Lichtungen Schimmel, die durch keinerlei Dienst für Sterbliche entweiht sind. Man spannt sie vor den heiligen Wagen; der Priester und der König oder das Oberhaupt des Stammes gehen neben ihnen und beobachten ihr Wiehern und Schnauben. Und keinem Zeichen schenkt man mehr Glauben, nicht etwa nur beim Volke: auch bei den Vornehmen, bei den Priestern; sich selbst halten sie nämlich nur für Diener der Götter, die Pferde hingegen für deren Vertraute."
Antike
In den Homerischen Epen ziehen Pferde vor allem Streitwagen, wie dies auch im ägyptischen Neuen Reich und bei den Assyrern und Hethitern üblich gewesen war. Bei der Bestattung des Patroklos (Ilias 23, 163) wurden auch Pferde geopfert : „...vier halskräftige Rosse warf er stracks auf das Scheitergerüst mit heftigem Stöhnen..." Das Pferd galt in der griechischen Antike darüber hinaus als symbolisch mit dem Tod verbunden. Auf Heldenabbildungen durchs Fenster schauend dargestellte Pferde deuten den Tod des Helden voraus.
Seit der geometrischen Zeit kommen Streitwagen außer Gebrauch. Kavalleristen auf immer größer gezüchteten Pferden erwiesen sich mit zunehmender Reitkunst als schneller, wendiger und damit effektiver als Kämpfer auf Streitwagen.
Bei den Olympischen Spielen der Antike waren traditionell am zweiten Tag die Disziplinen Wettreiten und Wagenrennen vorgesehen.
Der griechische Historiker Xenophon schrieb im 4. Jahrhundert v. Chr. das Werk Peri hippikes („Über die Reitkunst"), in der er das Wissen über Pferde und Reiten zusammentrug. Die meisten Ratschläge aus diesem Werk haben auch heute noch Gültigkeit.
Das Hufeisen war bereits den Römern bekannt und wurde im 5. Jahrhundert während der Völkerwanderung nach Europa gebracht. Der genaue Ursprung dieser Erfindung ist unbekannt. Dagegen gelang es den Römern nicht, ein für Pferde geeignetes Lastgeschirr zu entwickeln. Geeignete Methoden für den Lasttransport mit Pferdekarren kamen erst sehr viel später auf.
Mittelalter
Der Einsatz des Pferdes als Arbeitstier wurde erst im Mittelalter durch die Erfindung des Kummets möglich. Vorher wurden in der Landwirtschaft vor allem Ochsen eingesetzt. Die bis dahin üblichen Geschirre schnürten den Pferden bei großer Zugkraft die Luft ab und waren nur für leichtlaufende Wagen, nicht aber für schwere Arbeit geeignet. Durch das Kummet konnten Pferde zum Beispiel zum Ziehen eines Pfluges eingesetzt werden. Da ihre Arbeitsleistung bedeutend größer als die von Ochsen war, bedeutete dies eine landwirtschaftliche Revolution.
Pferde als Reittiere waren im Mittelalter nahezu ausschließlich dem Adel vorbehalten. Durch den Einsatz von berittenen Kämpfern in Schlachten bildete sich die Schicht der Ritter heraus. Aus dieser zunächst rein militärisch begründeten Tradition des Reitens entstand später die klassische höfische Reitkunst.
Auch die Pferdezucht begann sich in dieser Zeit stärker zu entwickeln, da viele Herrscher gerne Ihren Hof mit besonders edlen Pferden schmücken wollten. Andererseits wurden für die durch ihre Panzerung immer schwerer werdenden Ritter größere, kräftigere und damit auch eher grobknochige Pferde benötigt.
Neue Welt
Auf dem amerikanischen Doppelkontinent gab es keine domestizierten Pferde. Zwar hatte es ursprünglich auch in Amerika Wildpferde gegeben, diese aber waren vor einer möglichen Domestikation ausgestorben. Erst die Europäer brachten das Hauspferd nach Amerika. In Nordamerika entliefen einige der Pferde und bildeten Herden frei laufender Mustangs. Hierdurch begegneten die Indianer erstmals Pferden. Der Kontakt veränderte die Lebensweise mancher Völker radikal. Vor allem die Völker der Prärie konnten durch die Schnelligkeit des Pferdes die Bisons leichter erbeuten und durch ihre höhere Mobilität weitere Jagdzüge unternehmen und so mehr Büffel erlegen als zuvor.
Neuzeit
Aus dem großen, schweren Pferdetypus der mittelalterlichen Ritter gingen nach dem Niedergang der Ritterzeit die heutigen Barockpferde hervor. Seit der Barockzeit waren spanische Pferderassen wie die Andalusier sehr beliebt geworden. Sie waren aus der Veredelung von einheimischen spanischen Pferderassen mit Araberpferden entstanden. Im Jahr 1562 importierte Kaiser Maximilian II solche Pferde nach Österreich. Aus diesen Tieren entstanden später die bekannten Lipizzaner. Nur wenige Jahre später, im Jahr 1572, begann auch die Tradition der Spanischen Hofreitschule in Wien.
Eine ganz andere Art von Pferd ist das englische Vollblut, dessen Zucht in England im 17. Jahrhundert begann, indem importierte orientalische Hengste mit englischen Rennpferden gekreuzt wurden. Ihr Temperament, ihre Ausdauer und Schnelligkeit lässt sie bis heute den prestigeträchtigen Galopprennsport dominieren.
Die Erfindung des Automobils machte im Verlauf des 20. Jahrhunderts das Pferd als Transportmittel und als Arbeitstier weitgehend überflüssig.
Während Vollblüter und die etwas ruhigeren Warmblüter Reittiere sind und auch als Zugtiere vor leichten Kutschen verwendet werden, sind die eher massigen Kaltblüter von langsamerer Gangart und fast ausschließlich Zug- und Arbeitstiere. Letztere wurden in der Vergangenheit zum Ziehen von schweren Fuhrwerken, zum Bestellen von Äckern (Ackergaul), zum Schleppen von gefällten Bäumen (Rückepferd) und ähnlichen Kraftarbeiten eingesetzt. Da moderne Forst- und Ackermaschinen die Pferde aus diesen Bereichen verdrängt haben, sind Kaltblüter heutzutage selten geworden. Mittlerweile werden Pferde zunehmend wieder bei Garten- und Forstarbeiten eingesetzt, da sie den Boden kaum verdichten und im Wald flexibler und bestandsschonender als Maschinen arbeiten.
Noch in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden zähe Ponys als Grubenpferde eingesetzt, die unter härtesten Arbeitsbedingungen unter Tage die Förderwagen zwischen Stollen und Förderkörben transportierten.
Die meisten Pferde werden heute als Sport- und Freizeitpferde gehalten. Als Freizeitpferde werden häufig auch größere Ponys wie Haflinger, Norweger oder Tinker gehalten, die sich vor allem durch Leichtfuttrigkeit und Anspruchslosigkeit auszeichnen. Als Gebrauchspferd dient heute noch das Polizeipferd, das meistens aus der Sparte der größeren Rassen, wie beispielsweise der Hannoveraner oder der Westfalen kommt. Bei der deutschen Bundeswehr werden noch zahlreiche Haflinger als Tragtiere gehalten und ausgebildet. Einige Länder mit schwer zu überwachenden Grenzen setzen vereinzelt berittene Patrouillen ein (z. B. Schweiz). Eher selten sind Sanitätspferde in Sanitätsreiterstaffeln.
Vor der Domestikation des Pferdes wurden die Tiere als Fleischlieferanten gejagt. In Krisenzeiten galt Pferdefleisch oft als notwendige Hungerration. So erhielten z. B. Soldaten in Stalingrad als Tagesration: 200 g Brot, 120 g Frischfleisch oder 200 g Pferdefleisch, 50 g Käse oder 75 g Frischwurst, 30 g Butter, Margarine oder Schmalz bzw. 120 g Marmelade, 3 Portionen Getränke und 3 Zigaretten, 1 Zigarre oder 25 g Tabak. Im Jahr 2001 wurden weltweit schätzungsweise 153.000 Tonnen Pferdefleisch gegessen.
Die Bedeutung des Pferdes als Fleischproduzent innerhalb der EU ist noch immer hoch. Die Medikation eines Pferdes ist nur dann uneingeschränkt möglich, wenn der Besitzer einen Pferdepass hat, in welchem er erklärt, dass das Tier nicht zur Fleischverwertung kommen wird. Zusätzlich muss jede medikamentöse Behandlung eingetragen werden. Falls das Pferd doch geschlachtet werden soll, ist ein Mindestzeitabstand einzuhalten.
Die jüdische Religion verbietet den Genuss von Pferdefleisch. Ein solches ausdrückliches Verbot existiert zwar im Islam und im Christentum nicht, in beiden Kulturkreisen wurde das Essen von Pferdefleisch aber missbilligt. Von Papst Gregor III. ist überliefert, dass er 732 das Essen von Pferden als heidnische Abscheulichkeit verurteilte, die es auszumerzen gelte.
Die enge Beziehung des Menschen zum Pferd hat dazu geführt, dass es in der Mythologie vieler Völker zahlreiche Pferdegestalten gibt, denen eine große Bedeutung zukommt.
Vor allem die Griechische Mythologie ist reich an Pferden und pferdeähnlichen Wesen:
Der Zentaur ist ein Mischwesen aus Mensch und Pferd, anstelle eines Pferdekopfs ist der Oberkörper eines Menschen zu sehen. Es gab zahlreiche Zentauren, die meisten davon unfreundliche Wesen. Die zwei berühmtesten Zentauren, Pholos und Cheiron, waren allerdings freundliche und kluge Vertreter ihrer Rasse.
Pegasus war ein geflügeltes, halbgöttliches Pferd, das Bellerophon bei zahlreichen Heldentaten half, unter anderem beim Töten der Chimäre.
Das Trojanische Pferd war ein hölzernes Pferd, in dessen Innerem sich die Griechen versteckten, um in die Stadt Troja hinein zu gelangen und die Stadt zu erobern.
Bukephalos war das legendäre Pferd Alexanders des Großen. Ihm wurden zahlreiche mythische Eigenschaften angedichtet, angeblich konnte es sprechen; es geht aber sehr wahrscheinlich auf ein wirklich existentes Pferd zurück.
Darüber hinaus ist bekannt geworden das Lieblingspferd des Kaisers Caligula, das er angeblich zum Konsul ernennen wollte.
Aus der persischen Mythologie ist der Hengst Rakhsch bekannt.
Der Mythos vom legendären Einhorn, einem Pferd mit Ziegenhufen, dem Schwanz eines Löwen und mit einem Horn auf der Stirn, stammt wahrscheinlich aus Indien. Einhörner kamen nicht in der griechischen Mythologie vor, wohl aber in naturwissenschaftlichen Beschreibungen des Aristoteles und des Plinius.
In der nordischen Mythologie gibt es Sleipnir, das achtbeinige Pferd des Gottes Odin, sowie die Pferde Arvak und Alsvid, die den Wagen der Sonne über den Himmel zogen.
Von den beiden Merseburger Zaubersprüchen ist der Zweite ein Zauberspruch um den gebrochenen Fuß des Pferdes zu heilen. Andere althochdeutsche Autoren verfassten auch Zaubersprüche um das Pferd von seinem Lahmen zu heilen.
Das männliche Pferd heißt entweder Hengst oder, falls es kastriert (gelegt) ist, Wallach. Das weibliche Pferd nennt man Stute. Jungtiere werden Füllen oder Fohlen genannt; Einjährige Pferde werden Jährling genannt. Ein Pferd ist mit vier Jahren erwachsen, kann aber bis zum Alter von sechs Jahren auswachsen.
Pferderassen
Die Pferderassen lassen sich nach der Größe in
Kleinpferde und
Großpferde
einteilen.
Wenn es um eine Zulassung zu einem Wettbewerb geht, ist jedes Pferd, das am Widerrist weniger als 147,3 cm misst, ein Kleinpferd und ab einem Stockmaß von 148 Zentimeter ein Großpferd. Damit sind Großpferde das, was im allgemeinen Sprachgebrauch als ein normales Pferd bezeichnet wird, nicht etwa besonders große Pferde.
Eine andere mögliche Einteilung richtet sich nach der Abstammung und dem damit vererbten Temperament der Pferde. So können
Vollblüter,
Halbblüter,
Warmblüter und
Kaltblüter
unterschieden werden. Diese Nomenklatur bezieht sich auf das Temperament - die Bluttemperatur ist bei allen Pferden gleich und beträgt im Normalfall zwischen 37,5 °C und 38,2 °C.
Fellfarben
Es gibt eine große Zahl verschiedener Pferdefarben und deren Bezeichnungen, die teilweise von Gegend zu Gegend variieren. Die wichtigsten Grundfärbungen sind Rappe, Falbe, Brauner, Isabelle, Schecke, Fuchs und Schimmel.
Abzeichen
Die individuellen farbigen (meist weißen) Fellzeichnungen und Fellwirbel werden Abzeichen genannt und neben Brandzeichen und Farbe zur Identifizierung herangezogen.
Veraltete, umgangssprachliche und mundartliche Bezeichnungen
Beschäler ist der Zuchthengst.
Dobbin (Kurzform für Robert) als Name eines Arbeitspferdes ist aus dem Englischen über die Wielandsche Übersetzung des Kaufmanns von Venedig auch in das Deutsche eingegangen.
Füllen ist eine veraltete Bezeichnung des Fohlens, früher bis zum Vierjährigen verwendet.
Ganzer (veraltet) ist ein unverschnittener Hengst.
Gaul ist eine abwertende Bezeichnung für ein Pferd. Der Ackergaul ist ein schlechtes, nur vor den Pflug gespanntes Pferd.
Gurre oder Gorre ist eine alte Stute oder ein schlechtes Pferd. Die Redewendung Gaul um Gurre bedeutet Gleiches mit Gleichem, eine Bissgurke oder Pissgurke (volksetymologisch verschliffen) eine zänkische Frau (vgl. stutenbissig).
Heiler oder Heilpferd (veraltet) ist ein junger Wallach.
Klepper bezeichnet umgangssprachlich ein unterernährtes oder altersschwaches Hauspferd.
Kracke ist norddeutsch ein altes schlechtes Pferd.
Mähre ist in oberdeutschen Dialekten ein Synonym für Stute und Pferd. Eine Schindmähre ist so mager, dass sie eigentlich auf den Schindanger gehört. Von dem Wort Mähre leitet sich der Marschall und möglicherweise der Meerrettich (vgl. englisch horse-radish) ab.
Mönch ist eine Bezeichnung für den Wallach.
Page ist ein niederdeutsches Wort für Wallach, dazu gehört der Familienname Pagenstecher als Berufsname für den Kastrator.
Reisiges Pferd ist ein Reitpferd.
Renner ist ein schnelles, gutes Reitpferd.
Rosinante, das alte Pferd von Don Quichotte, ist zum Pferde-Spitznamen geworden.
Ross ist ein sehr edles Pferd, das als Schlachtross seinen Reiter in den Kampf trug. Die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum), heißt so, weil mit ihren Extrakten Pferde gegen Husten und Würmer behandelt wurden.
Rune, Ruun oder Raune ist ein plattdeutscher Ausdruck für Wallach
Strenze (veraltet) ist eine schlechte Stute.
Strute ist noch bis zur Mitte des 17. Jh. für Pferdeherde verwendet worden und wird noch in einigen westmitteldeutschen Dialekten für Stute gebraucht.
Stute in der alten Bedeutung Pferdeherde hat sich zum Beispiel im Ortsnamen Stuttgart und im Begriff Gestüt erhalten.
Tööt ist eine nordniedersächsische Bezeichnung für Stute.
Wutsch ist ein elsässisch-pfälzischer Dialektausdruck für Fohlen.
Zelter war im Mittelalter ein edles leichtes Reitpferd oder Maultier, das wegen seines besonders ruhigen Zeltgangs (Passgang) besonders für Frauen geeignet war.
Zosse oder Zossen bezeichnet umgangssprachlich ein Hauspferd. Das Wort kommt wohl aus dem Jiddischen (hebräisch סוס sus bedeutet Pferd) und wird besonders im Plattdeutschen verwendet (auch Zurre oder Zöre).
Quelle:Wikipedia