Tierarztrecht - Teil 1

Welche Rechte und Pflichten hat der Tierarzt?

In den meisten Fällen läuft es mit dem Tierarzt gut- das Tier wird behandelt, gesund und die Rechnung bezahlt. Aber es passiert auch, dass der Patient bzw. sein Eigentümer Probleme mit der Behandlung oder nachfolgenden Rechnungen hat. Der Text beschreibt, was im Verhältnis Halter - Tierarzt zu beachten ist.

Der einfachste Fall ist: ein Pferd wird krank, der Arzt behandelt, stellt die Rechnung und der Halter bezahlt. Juristisch wird ein Vertrag geschlossen, der den Arzt zur Behandlung des Pferdes und den Halter zur Zahlung der Gebühren verpflichtet. Dieser Vertrag bedarf keiner besonderen Form, z.B. Schriftform.

Die Pflichten des Tierarztes

Grundsätzlich muss der Tierarzt das Pferd gewissenhaft untersuchen und den Halter über die therapeutischen Maßnahmen, Alternativen und Gefahren beraten. Nur nach dieser Beratung kann der Auftraggeber entscheiden, ob und wenn ja, welche Behandlung er durchführen lassen will. Es folgt dann die Therapie. Im Rahmen der Behandlung ist der Arzt auch zur Nachsorge und Kontrolle verpflichtet. Schließlich trifft ihn auch die Dokumentations- und Schweigepflicht. Daraus wird deutlich, dass der Arzt keinen Heilungserfolg schuldet, sondern nur das Bemühen um Hilfe und Heilung. Ausnahmen sind Behandlungen und Operationen mit einem konkreten Ziel: Kastrationen, Röntgenaufnahmen oder Zahnraspeln.

Die Pflichten des Halters

Der Halter muss das Honorar zu bezahlen. Er hat die Anordnungen des Arztes zu befolgen, um den Behandlungserfolg nicht zu gefährden. Verletzt er diese „Nebenpflicht", kann er zwar nicht verklagt werden; der Arzt darf aber die Behandlung abbrechen und sein Honorar fordern. Er kann dann nicht für eventuelle Misserfolge haftbar gemacht werden.

Die Rechnungsstellung

Der freiberufliche Tierarzt rechnet nach einer Gebührenordnung ab, in der die Honorarhöhe für die jeweilige Behandlung aufgeführt ist. Für nicht landwirtschaftlich genutzte Tiere darf er seine Gebühr bis zum dreifachen Mindestsatz erheben. Höhere Honorare bedürfen vor der Behandlung des schriftlichen Vertrages. Die Rechnung dient dem Arzt als Beweisunterlage für seinen Behandlungsablauf und muss einige Formalien enthalten, um für den Halter nachvollziehbar zu sein. Neben dem Namen des Auftraggebers sind aufzuführen:
 Tierart und eventuell nähere Beschreibung wie Name, Zeichnung
 Diagnose
 Datum/Daten der Leistungserbringung
 berechenbare Leistung, wobei Arzneien und Verbandsmaterial gesondert aufzuführen sind
 Rechnungsbetrag sowie angewendeter Mehrwertsteuersatz

Pauschalrechnungen dürfen nur mit Absprache des Auftraggebers erstellt werden. Da keine Behandlung bzw. Medikamentenabgabe ohne vorherige Untersuchung zulässig ist, findet man in jeder Rechnung einen Betrag für „Untersuchung". Üblicherweise stellt der Arzt auch Fahrtkosten (anteilig) in Rechnung.

Wann endet der Vertrag mit dem Tierarzt?

Grundsätzlich endet der Vertrag, wenn die Behandlung abgeschlossen ist und der Halter das Honorar bezahlt hat. Der Halter darf jederzeit den Behandlungsvertrag beenden und einen neuen Arzt beauftragen. Er muss dann allerdings dem ersten Arzt das bis dahin anfallende Honorar bezahlen. Der Tierarzt hingegen darf nur dann kündigen, wenn der Tierhalter sich anderweitig Hilfe beschaffen kann (sog. „Verbot der Kündigung zur Unzeit"). Verletzt der Tierarzt diese Pflicht, so kann er sich schadensersatzpflichtig machen (§ 627 II S.2 BGB). Er darf den Vertrag allerdings sofort kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, z.B. Missachtung seiner Anordnungen oder Beleidigung des Arztes.

Wer zahlt, wenn nicht der Eigentümer/Halter den Arzt bestellt hat?

In Notfällen kann es vorkommen, dass z.B. der Stallbetreiber oder die Reitbeteiligung den Tierarzt bestellen, weil der Halter nicht erreichbar ist. Bei offensichtlichen Verletzungen wird jeder Halter dafür Verständnis haben. Wie aber ist es bei Husten, unspezifischen Lahmheiten oder Kolikverdacht? Hier kann die Entscheidung gegen den Tierarzt Geld sparen - aber auch ein Pferdeleben kosten. Wenn die Bahndlung dem Halter unangemessen erscheint und dazu noch teuer war - wer zahlt die Zeche?
Um dieses Problem zu umgehen, sollte man als Pferdehalter für Abwesenheiten eine Person bevollmächtigen, welche die Entscheidung trifft. Manche Stallbetreiber haben in ihrem Einstellervertrag geregelt, dass sie im Notfall auf Rechnung des Halters einen Tierarzt beauftragen können. Da bei Unfällen oder akut auftretenden Krankheiten auch Operationen notwendig werden können, sollte im Vorwege eine Maximalhöhe der Behandlungskosten abgesprochen werden.
Juristisch betrachtet schließt in so einem Fall der Bevollmächtigte für den Tierhalter den Behandlungsvertrag und der Halter wird somit Vertragspartner - muss also auch das Honorar bezahlen. Das ist der einfachere, weil geregelte Fall.
Komplizierter wird es bei der „Geschäftsführung ohne Auftrag", bei der jemand ohne Erlaubnis den Arzt beauftragt. Hier wird diese Person Vertragspartner des Arztes und müsste folglich auch die Gebühren bezahlen. Diese Situation hat der Gesetzgeber im §§ 677 - 687 BGB geregelt: dort steht unter anderem, dass derjenige, der für einen anderen ein Geschäft führt, von dem „Geschäftsherren" (dem Tierhalter) Ersatz für die Aufwendungen verlangen kann, die er den Umständen nach für erforderlich hielt, mithin also die Kosten für die Behandlung (§§ 683, 670 BGB). Voraussetzung ist allerdings, dass die Geschäftsführung „dem Interesse und dem wirklichen Willen des Geschäftsherren entspricht".


Autor: Jessen



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